SCHNELLE
HILFE

SCHNELLE HILFE

Wann wird Querschnittlähmung heilbar?

Der Gelähmte, der wieder laufen kann, liefert der Sensationspresse Schlagzeilen. Die Realität ist nicht so spektakulär.
Jeder nach dem heutigen Stand der Medizin als „unheilbar“ geltende Kranke hofft auf Fortschritte in der Forschung, die sein persönliches Schicksal positiv beeinflussen könnten. Verständlich, dass die Betroffenen ein Auge auf entsprechende Presseveröffentlichungen haben. Querschnittgelähmte machen da keine Ausnahme. Für Journalisten sind sie sogar eine Art Lieblingsthema. Die Ursache dafür gründet wohl in biblischen Zeiten. Der sprichwörtliche Gelähmte, der wieder ans Laufen kommt, ist, scheint’s, der Quotenbringer schlechthin. Der Sachlichkeit der Berichterstattung ist das nicht immer förderlich.

Die Richtung stimmt
So avancierte der Schweizer Neurowissenschaftler Grégoire Courtine zum Medienstar. Er habe, berichtete die Presse von der Fachzeitschrift bis zum Boulevardblatt, drei Probanden mit Querschnittlähmung wieder zum Laufen gebracht. Tatsächlich verfolgt eine Forschergruppe um Courtine an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne einen erfolgverheißenden Therapieansatz, der Elektrostimulation und intensives Lokomotionstraining kombiniert. Heruntergebrochen auf die nüchternen Fakten sieht es aktuell allerdings so aus, dass zwei von diesen Probanden, beide inkomplett querschnittgelähmt, „einzelne Schritte frei gehen“ können. „Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, umreißt eine an diesem Erfolg beteiligte Medizinerin den Stand der Dinge.

Skepsis ist angebracht
Freilich, mit wirklich „wieder laufen können“ haben solche Etappenerfolge wenig zu tun. Generell gehen Spezialisten auf diesem Forschungsgebiet davon aus, dass bis zur generellen Heilbarkeit von Querschnittlähmung noch Jahrzehnte vergehen werden. Das mindert keineswegs die schon erzielten Erfolge. Aber wer heute mit Querschnittlähmung lebt, ist gut beraten, Presseveröffentlichungen zum Thema mit Skepsis aufzunehmen. Namentlich in Boulevard- und Tagespresse wird die Feder der Schreibenden häufig mehr von der Phantasie als von den Fakten geführt.

Blick hinter die Kulissen
Anders verhält es sich bei der FGQ-Hauszeitschrift, dem Paraplegiker. Der Artikel „Hoffnung auf Heilung?“ in der Ausgabe 4/19 wirft einen Blick hinter die Kulissen der von der Presse so sehr beachteten Forschertätigkeit in Lausanne. Der Beitrag liefert einen Status Quo aus Expertensicht und beleuchtet die Hintergründe der auf internationaler Kooperation basierenden Forschung. Dabei geht es nicht zuletzt um die Rekrutierung der ganz erheblichen finanziellen Mittel, die die Basis der bereits erzielten und künftiger Erfolge sind. Keine Frage – der Schlüssel zum von Millionen Gelähmten herbeigesehnten Erfolg liegt in Beharrlichkeit und Ausdauer. Aber die Richtung stimmt.