„Ich muss mich für alle Menschen einsetzen“
Zum Tode von Wolfgang Schäuble
Die Nachrufe auf Wolfgang Schäuble sind vielfältig: Ein „überzeugter Europäer“ sei er gewesen, ein „engagierter Demokrat“, ein „Urgestein der Christdemokraten“ und schließlich auch der „Architekt der Deutschen Einheit“. Ganz sicher war der gebürtige Freiburger ein sehr erfahrener Parlamentarier, der entscheidende Jahre der Bundes- und Europapolitik maßgeblich geprägt hat. Und nicht zuletzt war er eben auch ein Mensch mit Behinderung, der nun mit 81 Jahren nach einer langen Krebserkrankung verstorben ist.
Im PARAplegiker-Interview betonte der damalige Bundestagspräsident, dass er sich mit anderen Rollstuhlfahrern verbunden fühle. „Zunächst einmal ist das ein Kollege, mit dem ich etwas teile, was andere nicht mit ihm teilen“, sagte Wolfgang Schäuble. Doch sich eins mit seinen „Kollegen“ machen und sich für sie offen einsetzen, das wollte er nicht. Dazu befragt, warum er sich nicht für die Belange von Menschen mit einer Behinderung öffentlich stark mache, sagte er: „Ich tue was ich kann, man möge aber bitte auch verstehen, dass ich als Politiker nicht den Eindruck erwecken will, dass ich mich als Rollstuhlfahrer vor allem für Querschnittgelähmte einsetze. Ich muss mich für alle Menschen einsetzen.“ Man weiß, der CDU-Politiker mischte sich im Hintergrund dann doch gerne ein – auch beim Thema Inklusion. Dann saß er seinen politischen Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Bundesministerien buchstäblich im Nacken. Doch vielen seiner „Kollegen“ ging sein Engagement in der Behindertenpolitik nicht weit genug, sie hofften auf stärkere Unterstützung und wähnten vertane Chancen.
Nun ist Dr. Wolfgang Schäuble am Dienstagabend im Kreise seiner Familie zu Hause in Offenburg verstorben. Über Parteigrenzen hinweg findet sein politisches Wirken höchste Anerkennung. Die Behindertenbewegung tut sich mit einer Würdigung schwerer.
Foto: Simone Kuhlmey