SCHNELLE
HILFE

SCHNELLE HILFE

Themen, Referentinnen und Referenten:

Autonome Dysregulation und die Folgen: Veronika Geng

Schulterproblematik, Osteoporose: Dr. Hans Georg Koch

Dekubitus: Manfred Seubert

Schmerz: Dr. Steffen Frank

Atemfunktion: Dr. Franz Michel

Bewegungsimpulse: Maike Hahn

Termin: 08.10.2022, 10.00 bis 16.15 Uhr

Ort: Manfred Sauer Stiftung

Kosten: 40,00 € inklusive Verpflegung

Anmeldung: über die FGQ Geschäftsstelle (info@fgq.de) ; Übernachtungsmöglichkeiten können direkt in der Manfred Sauer Stiftung angefragt werden (rezeption@msstiftung.de)

2. Fachtagung für Menschen mit Querschnittlähmung, Peers, Angehörige und Akteure im Gesundheitswesen:

Komplikationen bei Querschnittlähmung

Vorbeugen – Erkennen – Gegensteuern

Eine Rückenmarkschädigung beeinflusst – unabhängig davon, ob sie komplett oder inkomplett ist – verschiedene Organe und Körperfunktionen.

Komplikationen können bereits frühzeitig in der Rehabilitation auftreten, sie werden mit den Jahren wahrscheinlicher, sind aber nicht unvermeidbar.

Betroffene und Angehörige müssen daher über mögliche Folgeerkrankungen informiert sein, um präventiv handeln, Anzeichen erkennen und gegebenenfalls gegensteuern zu können.

Die gemeinsame Fachtagung der Manfred Sauer Stiftung und der FGQ möchte Betroffenen und Angehörigen grundlegende Informationen zu möglichen Komplikationen vermitteln,

Strategien aufzeigen, wie an diesen begegnen kann, und Kontakt zu Ansprechpartnern herstellen.

Menschen mit Querschnittlähmung: Experten in eigener Sache

Bei der Fachveranstaltung „Komplikationen bei Querschnittlähmung: vorbeugen – erkennen – gegensteuern“ im Oktober in Lobbach konnten sich Menschen mit Querschnittlähmung, Angehörige und Akteure im Gesundheitswesen über mögliche Komplikationen, ihre Folgen und Strategien zur Behandlung und Prophylaxe informieren.

Eine Rückenmarksschädigung beeinflusst – unabhängig davon, ob sie komplett oder inkomplett ist – verschiedene Organe und Körperfunktionen (siehe: Auswirkungen einer Querschnittlähmung auf Organe). Komplikationen können bereits frühzeitig in der Rehabilitation auftreten, sie werden mit den Jahren wahrscheinlicher, sind aber nicht unvermeidbar (siehe hierzu: Komplikation, Folge und Begleiterkrankungen bei Querschnittlähmung). Betroffene und Angehörige müssen daher über mögliche Folgeerkrankungen informiert sein, um präventiv handeln, Anzeichen erkennen und gegebenenfalls gegensteuern zu können.

Bei der gemeinsamen Fachtagung der Manfred-Sauer-Stiftung und der Fördergemeinschaft Querschnittgelähmter in Deutschland (FGQ) am 8. Oktober 2022 in Lobbach konnten die Teilnehmer sich über verschiedene mögliche Komplikationen informieren. Die Referenten aus Medizin und Pflege zeigten Strategien zur Behandlung und Prophylaxe auf und erklärten den Weg zum richtigen Ansprechpartner im Ernstfall.

Die Themen der Fachtagung „Komplikationen bei Querschnittlähmung: vorbeugen – erkennen – gegensteuern“

Eine Komplikation bei Querschnittlähmung, mit der fast jeder Betroffene mindestens einmal in seinem Leben zu tun hatte, ist Dekubitus. Er kann während und nach der Erstrehabilitation auftreten und gefährdet den Betroffenen in jeder Phase seines Lebens. Um schwerwiegenden Druckstellen vorzubeugen ist, eine regelmäßige Druckentlastung und tägliche Hautkontrolle notwendig. Elfi Heck, Pflegefachperson aus der BG Unfallklinik in Tübingen, sprach über die Gefahren, Prophylaxe und mögliche Behandlungsmethoden. Siehe: Basiswissen Haut und Querschnittlähmung
Akute und vor allem chronische Schmerzen können bei Querschnittlähmung ein großes Problem sein, wie Dr. Steffen Franz, geschäftsführender Oberarzt in der Universitätsklinik in Heideberg Abteilung Paraplegiologie aus jahrelanger beruflicher Erfahrung weiß. Schmerzen werden unterteilt nach ihrer Ursache (siehe: Basiswissen Schmerz und Querschnittlähmung). Chronische neuropathische Schmerzen bedürfen einer zentral ausgerichteten Behandlung. Dabei konzentriert man sich zunächst meist auf pharmakologische und physikalische Maßnahmen, aber auch alternative Behandlungsmethoden, psychotherapeutische Ansätze und manchmal auch ein chirurgisch-invasives Vorgehen ist möglich.

Bei Menschen mit einer mittelhohen bis hohen Querschnittlähmung kann die Atemfunktion betroffen sein. Dr. Franz Michel, Pulmonologe und ehemaliger Chefarzt im Schweizer Paraplegiker Zentrum in Nottwil zeigt heute konsiliarisch an verschiedenen Kliniken, so auch dem Rehabilitationszentrum für Querschnittgelähmte in Basel (RehaB) tätig, die möglichen Auswirkungen der Lähmungshöhe auf die Atemorgane und die Konsequenzen auf, die sich durch eine eingeschränkte Funktion ergeben können, z. B. die eventuelle Notwendigkeit einer Beatmung und dem damit verbundenen Sekretmanagement. Siehe: Basiswissen Atmung und Querschnittlähmung

Über die Schulterproblematik, die Menschen, die im Rollstuhl mobil sind, mit der Zeit treffen kann, referierte Dr. Hans Georg Koch, der viele Jahre am Schweizer Paraplegiker-Zentrum als Oberarzt in Nottwil und später im Wissenstransfer der Schweizer Paraplegiker Vereinigung tätig war. Die Schulter ist der Antriebsmotor des Rollstuhlfahrers, denn hier findet die Kraftübertragung über die Arme und Hände auf die Antriebsräder statt. Eine Überlastung der Schulter kann z. B. durch muskuläres Ungleichgewicht, schlechte Sitzhaltung und damit schlechte muskuläre Anbindung der Schulter an den Rumpf oder generelle Überlastung entstehen. Ein gezieltes Training kann entlastend wirken und auch operative Möglichkeiten sind gegeben. Siehe: Schulterproblematik bei Querschnittlähmung.

In einem weiteren Vortrag informierte Koch über mögliche Herz-Kreislauferkrankungen, über die Menschen mit Querschnittlähmung Bescheid wissen sollten, da bei einer Rückenmarksverletzung das Wechselspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus und damit die automatische Blutdruckregulation beeinträchtigt sein kann. Koch sagt: „Eigentlich würde man erwarten, dass Querschnittgelähmte weniger häufig an Bluthochdruck leiden als die Normalbevölkerung. Dies entspricht aber nicht den klinischen Beobachtungen.“ Aber auch ein zu niedriger Blutdruck kann ein Problem sein. Siehe: Basiswissen Kreislauf und Querschnittlähmung

Dazu passend sprach Pflegefachperson und Pflegewissenschaftlerin Veronika Geng über die Gefahren einer Autonome Dysreflexie bei Querschnittlähmung, die bei Betroffenen mit einer Lähmungshöhe oberhalb von Th 6 / Th 7 auftreten kann, wenn es zu Dehnung von Hohlorganen oder anderen Reizen unterhalb der Lähmungshöhe kommt. Die Autonome Dysreflexie muss sofort behandelt werden, da sie sehr ernste Konsequenzen haben kann, weshalb es wichtig ist über ihre Ursachen, Anzeichen und Symptome und Interventionsmöglichkeiten genauestens informiert zu sein. Siehe: Was geschieht bei einer Autonomen Dysreflexie bei Querschnittlähmung?

Das sagen die Teilnehmer

Zur Fachtagung reisten Menschen mit Querschnittlähmung, Fachpersonen und Interessierte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an.

Roman Havertz sagt: „Ich bin zunächst nicht in einem Querschnittzentrum behandelt worden, daher ist mir jetzt besonders wichtig, mich genau über meine eigene Situation fachlich auf dem Laufenden zu halten. Ich finde hier viel Bestätigung. Vieles weiß ich natürlich schon, doch die wissenschaftlichen Hintergründe vermittelt zu bekommen, ist etwas, was mir vor allem in meiner Anfangszeit sehr gefehlt hat.“ Und Arnold Schneider ergänzt: „Die Informationen sind nicht neu, aber auch ich finde mich in vielen der Inhalte wieder. Die Kreislaufsituation ist ein großes Problem für mich und ich bin eigentlich in der Hoffnung gekommen, dass es da neue Lösungen geben könnte.“
Die seit zwölf Jahren querschnittgelähmte Selina Rausch spricht begeistert davon neue Informationen erhalten zu haben. „Ich wusste bisher nicht, dass die Symptome, die ich manchmal habe, Anzeichen für ein ernstes Problem sein können. Ich schwitze zum Beispiel, wenn meine Blase sehr voll ist. Dass das ein Anzeichen für eine Autonome Dysreflexie sein kann, war mir völlig neu.“ Sie ergänzt. „Ich bin sportlich sehr aktiv. Und hier höre ich nun das erste Mal, dass ich mich nicht mit Leuten mit tieferen Lähmungshöhen vergleichen darf. Ich kann nicht dieselbe Leistung bringen. Ich bin schneller erschöpft, brauch längere Pausen. Und ich selbst sondern meine Lähmungshöhe ist der Grund dafür.“

Es gibt auch Teilnehmer, die in Heidelberg, Koblenz und Tübingen behandelt wurden, und die Inhalte noch aus der Erstrehabilitation kennen. „Es ist erstaunlich und erschreckend, wie viele Leute hier, diese Informationen teilweise noch nicht hatten. Über Komplikationen Bescheid zu wissen, ist so enorm wichtig, wenn man mit Querschnittlähmung langfristig gesund bleiben will.“

Jenseits aller qualitativ hochwertigen Inhalte war Teilnehmer Peter Schön schlicht von dem Erlebnis überwältigt mit so vielen Vertretern der eigenen Anspruchsgruppe in einem Raum zu sein: „Ich habe in meinem Leben nicht viel mit anderen Rollstuhlfahrern zu tun. Hier jetzt einer unter vielen zu sein, ist etwas, das ich in den vergangenen 46 Jahren eigentlich nie erlebt habe. Und dass es gleich mehrere rollstuhlgerechte Toiletten gibt, ist auch ein Aha-Erlebnis. Da denkt man: ‚Sieh mal an, es geht doch.‘“

Die zweite gemeinsamen Fachtagung der Manfred-Sauer-Stiftung und der Fördergemeinschaft Querschnittgelähmter in Deutschland (FGQ) ging mit einem positiven Tenor zu Ende und die Verantwortlichen um Kevin Schultes und Veronika Geng sind sich einig, dass es eine dritte geben wird. „Der Bedarf ist da“, sagt Geng. „Das haben wir heute wieder gesehen. Wir werden uns bemühen, den Menschen mit Querschnittlähmung im deutschsprachigen Raum weiterhin zu helfen, Experten in eigener Sache zu werden. Neben diesen Fachveranstaltungen nutzen wir dazu die Zeitschrift ‚Der Paraplegiker‘ der FGQ, sowie das Informationsportal der Manfred-Sauer-Stiftung, Der-Querschnitt.de, und die neu veröffentlichten Bücher ‚Querschnittlähmung verständlich erklärt‘.“ Tanja Konrad, Redakteurin „der-querschnitt.de